Winfried Mall

Sensomotorische Lebensweisen -

ein Verständniskonzept für Menschen mit geistiger Behinderung

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Einheit in Beziehung - Sicherheit - Vertrauen

Alle Menschen sind auf die Erfahrung angewiesen: "Es ist gut, dass ich da bin – ohne Bedingungen, gerade so, wie ich bin." Niemand will seine Lebensberechtigung erst verdienen müssen, indem er vorgegebene Bedingungen erfüllt, die er vielleicht gar nicht erfüllen kann. Kann sich ein Mensch auf dieses Angenommen-Sein nicht bedingungslos verlassen, wird er sich nicht frei den Herausforderungen des Lebens stellen können, sondern dieser Mangel überlagert alles, was er tut, und verbraucht viel von der Energie, die er eigentlich für seine tatsächlichen Lebensprobleme bräuchte.

In der Situation im Mutterleib erlebt das Kind lange Zeit kaum eine Trennung zwischen Innen und Außen: Keine Temperaturunterschiede zwischen dem eigenen Körper und der Umwelt, kein Warten auf Nahrung, kein Problem mit der Ausscheidung, kein Hell-Dunkel-Unterschied, an den es seinen Schlaf-Wach-Rhythmus anpassen müsste, durchdrungen von der Geräuschumwelt der Mutter.

Es gibt allerdings auch keine Möglichkeit zur Distanzierung von der Mutter, selbst wenn das für das Kind hilfreich wäre: Ob Stress, Sorgen, Fehlernährung, Krankheitserreger, Medikamente, Drogen – all diesem ist das Kind gegebenenfalls ungeschützt ausgesetzt.

Schon hier im Mutterleib wird ein Kind davon geprägt, wie die Mutter – und vermittelt über sie seine gesamte Umwelt – zu ihm steht; im ungünstigen Fall, vor allem, wenn es auch noch manifeste physische Schädigungen erleiden musste oder massive psychische Belastungen eine Rolle spielten, wird es vielleicht schon belastet zur Welt kommen, anfälliger für störende Einflüsse, die später zusätzlich eintreten mögen.

Und selbst noch im Erwachsenenalter spüren wir Menschen sehr sensibel, ob wir um unserer selbst willen angenommen werden und es uns nicht erst verdienen müssen. Gezielt suchen viele Menschen immer wieder "Einheitserfahrungen" auf, sei es im körperwarmen Wasser der Badewanne, im warmen Bett, in einer Liebesbegegnung, auf dem Berggipfel, im Meer, im Wald, in der Wüste, in einer Gruppe, in Glaube, Religion, Meditation, Mystik.

^Gerade, wenn auch noch eine organische Beeinträchtigung vorliegt oder die Entwicklung nicht wie erwartet voran schreitet, wird es der Umwelt eines Menschen zusätzlich schwer fallen, bedingungslos „Ja!“ zu ihm zu sagen, und wenn dies doch gelingt, ist es oft hart erarbeitetes Ergebnis eines langen Weges der Auseinandersetzung mit dem Schicksal, geprägt von vielerlei Ambivalenzen.

Doch wohl noch mehr als jeder von uns sind gerade diese Menschen auf die zuverlässige Erfahrung angewiesen, unvoreingenommen und selbstverständlich akzeptiert zu werden, damit sie all ihre Kraft nutzen können, die besonderen Herausforderungen ihres Lebens zu bewältigen.


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